der Schummlauer

Die Elstraer Geschichten

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Stadtschreibergeschichten

Liebe Leserinnen und Leser,

heute möchte ich den Schummlauer 2023 mit einer kleinen Weihnachtsgeschichte abschließen. Was in dieser Geschichte erzählt wird, ist zum großen Teil frei erfunden und soll Sie einstimmen auf die bevorstehende Weihnachtszeit und daran erinnern, dass es manchmal auch noch kleine Wunder gibt.

Das Wunder vom Schwarzenberg – Eine Weihnachtsgeschichte

Es begab sich in einer Zeit, da litten die Leute im kleinen Städtchen Elstra und seinen 12 Ortsteilen zwar keine große Not, doch sie ärgerten sich oft über die großen und kleinen Dinge, die sich auf der Welt, im Lande und im Örtchen selbst ereigneten. Die Elstraer, die Talpenberger, die Kriepitzer, Prietitzer, Gödlauer, Rauschwitzer, Wohlaer, Welkaer, Boderitzer, Rehnsdorfer, Dobriger, Kindischer und Osseler hatten in den Jahren schon viel erlebt und in die Geschichte des ehemaligen Landes Budissin gingen sie allesamt als ein streitbares Völkchen ein. Sie stritten sich oft mit ihrer Herrschaft und den Obrigkeiten, aber auch gerne untereinander. Meist ging es gut aus, manchmal dauerte so ein Streit auch länger.

Aber in einem waren sie alle immer einig: Ihre Gemeinde war zwar klein, aber sehr, sehr liebenswert. Das lag nicht zuletzt auch am Markenzeichen der Stadt, dem Schwarzenberg, ihrem Hausberg. Am Rande des Oberlausitzer Berglandes gelegen war der Schwarzenberg über viele, viele Jahre im Winter ein Skiparadies für Wintersportler und im Frühjahr, Sommer und Herbst ein Geheimtipp für Wanderer.

Mit sehr viel Fleiß und Enthusiasmus wurde hier am Berg winters wie sommers im Skisport trainiert und einmal gab es für eine Skisportlerin sogar einen vierten Platz bei einem Biathlon Weltcup. Wie stolz waren da alle.

Jedoch machte im Laufe der Jahre das Klima den Wintersportlern zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Es wollte in den Wintermonaten einfach nicht mehr genug Schnee fallen, um am Schwarzenberg Wintersport wie in der Vergangenheit zu betreiben. Was hatten die Sportler nicht alles getan, um an ihrem Hausberg ihren Sport auch für Besucher von nah und fern attraktiv zu machen. Sogar ein Skilift entstand. Die Besucher blieben aus, selbst die heimischen Wintersportler flüchteten mehr und mehr in schneesichere Gebiete in den Süden.

Da kamen plötzlich aus der Landeshauptstadt junge Burschen, die Gefallen am Hausberg der Elstraer für eine andere Sportart fanden.

'Was soll dieses Neumodische?', fragten sich da sofort die eingefleischten Skisportler. Mit dem Fahrrad, und nicht mit irgendeinem, sondern mit einem mit dicken Reifen wie Mopeds, im Berg umherfahren? Naja, sagten da wieder andere, das gab es doch schon. Nach dem letzten Kriege sind wir sogar mit richtigen Mopeds und Motorrädern auf den Berg gefahren. Hat Euch damals schon nicht gefallen. Mit diesen neuen Fahrrädern wird wenigstens nicht die Luft verpestet. Und, wenn tatsächlich mal wieder Schnee liegt, hat der Wintersport eh Vorrang.

So gingen die Diskussionen lange hin und her und die Stadtväter beschlossen zum guten Schluss, man kann doch beides haben. Leider war damit der Ärger noch lange nicht vom Tisch und es brodelte unterschwellig immer weiter.

Nun war es wieder einmal kurz vor Weihnachten. Es war sogar Schnee gefallen und die Hoffnung auf eine Ski freundliche Zeit wuchs von Tag zu Tag. Die Radsportler hatten sich in die Winterpause verabschiedet und es schien so, als hätte es sich das Klima doch anders überlegt.

In einer sternenklaren frostigen Nacht passierte es dann.

Als ob sich eine unsichtbare Glocke über den Schwarzenberg und die angrenzenden Orte gelegt hätte, spürten alle, dass draußen etwas Merkwürdiges geschah. Niemand wagte sich vor's Haus. Die Eltern hießen ihre Kinder, ins Bett zu gehen und nicht noch mit ihren Handys unter der Bettdecke zu spielen. Die Alten blieben auf ihren Sofas am warmen Kamin sitzen und erinnerten sich an frühere Zeiten. Durch die Essen pfiff der Wind und trotzdem legte sich eine zauberhafte Ruhe über alles. Der Eine oder Andere hielt es nicht aus und schaute durchs Fenster und erblickte mit großem Erstaunen Nordlichter, wie man sie nur im hohen Norden oder gar aus Märchen kannte. Sie waberten über dem Berg in blauen und grünen Farbtönen. War es ein Wunder? Machte einen die Weihnachtsstimmung etwas rührselig? Was war da los? Irgendwie machte sich in allen Häusern eine zutiefst friedliche Stimmung breit und niemand konnte, ob er wollte oder nicht, sich dieser Stimmung nicht entziehen.

Da flüsterte plötzlich eine engelsgleiche Stimme in jedes Haus:

'Was macht Ihr nur, liebe Leute? Warum streitet Ihr über Dinge, die doch lösbar sind? Seht Ihr nicht, was auf der Welt passiert und der Frieden gebraucht wird wie nie zuvor? Wenn es schon im Kleinen nicht möglich ist, Unstimmigkeiten auszuräumen und lieber in Zank und Streit zu geraten, wie soll es dann erst möglich sein, die großen Konflikte friedlich zu lösen? Es ist bald Weihnachten, das Fest der Liebe mit der frohen Botschaft, dass das Gute auf der Welt siegen wird. Lasst Euren Ärger und Euren Frust einfach raus in die kalte Winternacht. Ich nehme alles mit und Ihr werdet sehen, es wird gut.'

Jeder, der diese Stimme hörte, schüttelte den Kopf und begann, an seinem Verstand zu zweifeln. So schnell, wie sich diese besondere Stimmung in allen Häusern breit machte, so schnell war es auch wieder vorbei. Jeder machte da weiter, wo er gerade unterbrochen wurde. In die Kinderzimmer wurde geschaut und die Handys aus den Händen der schlafenden Kinder genommen. Oma und Opa gingen schlafen. Die Eltern schauten sich liebevoll in die Augen und seufzten. Irgend etwas war anders. Diese Nacht ließ die Menschen mit viel Liebe im Herzen zurück.

'Ob mir das jemand glauben wird, wenn ich das erzähle?', fragten sich viele.

Am nächten Tag begegneten sich die Leute in Elstra noch freundlicher als sonst. Man blieb stehen, hielt trotz der Kälte ein kleines Schwätzchen und erkundigte sich nach dem Befinden. Niemand wagte aber, etwas zu dem, was in der vergangenen Nacht geschehen war, zu sagen. Es hatte sich etwas verändert. Das spürten alle.

Weihnachten ging vorüber, das Neue Jahr wurde mit Feuerwerk begrüßt, der Karnevalsklub beendete die fünfte Jahreszeit und der Frühling hielt langsam Einzug. Erste Fahrradfans zeigten sich am Schwarzenberg und die Wintersportler waren seit langer Zeit wieder zufrieden mit der Skisaison. Der erste Schnee Anfang Dezember hatte nicht lange gelegen. Es gab wie immer keine weiße Weihnacht und Anfang Februar konnte sogar der inzwischen gesperrte Skilift wieder repariert werden.

Ob man nun wieder so weitermachen würde wie das letzte Jahr? Da erinnerten sich viele an die eine wunderbare Winternacht Anfang Dezember, in der diese magische Engelsstimme in den Häusern zu den Menschen gesprochen hatte. Es war ja auch wirklich wahr. Warum konnten nicht die bestehenden Unstimmigkeiten friedlich gelöst werden? Wo doch die Welt immer mehr aus den Fugen geriet und Frieden für viele nur noch ein inhaltsloses Wort war.

Was passierte also? Die Skisportler setzten sich mit den Radsportlern zusammen, redeten miteinander, manchmal auch etwas heftiger. Man fand Lösungen, mit denen alle leben konnten und jeder seine Interessen und Wünsche in dem Besprochenen wiederfand. Die Skisportler legten am Skihang im Frühjahr Matten aus, so dass der Hang nunmehr auch ganzjährig genutzt werden konnte. Die Liftnutzungszeiten wurden beiderseits abgestimmt. Man einigte sich darauf, dass bald auch das wilde Parken ein Ende haben müsste. Die Stadtväter versprachen, sich um Park- und Caravanstellplätze zu kümmern, so dass die umliegenden Einwohner nicht mehr gestört wurden.

Man feierte gemeinsam die sportlichen Höhepunkte im Jahr und es kamen immer mehr Besucher von nah und fern.

Das kleine beschauliche Elstra hatte gezeigt, dass Reden und nicht Streiten immer noch die beste Voraussetzung für ein friedliches Miteinander ist.

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie meinen, ach, das ist ja nur eine Geschichte? Wer weiß?

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern unseres Schummlauers eine besinnliche, zuweilen auch magische, aber in jedem Fall friedliche Weihnachtszeit. Kommen Sie gesund und munter ins Neue Jahr und bleiben Sie mit mir weiter neugierig auf all die kleinen Geschichten und Geschichtchen, die bei uns in unserer wunderbaren Gemeinde täglich geschrieben werden.

 

Ihr Stadtschreiber