der Schummlauer

Die Elstraer Geschichten

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100 Jahre Zweiradhaus Mierisch Elstra, Teil 3

1952 bekam Karls Betrieb in der Pulsnitzer Straße den Werksvertrag für AWO Motorräder vom Fahrzeug- und Gerätewerk in Suhl. Später folgte noch der Vertrag über Mopeds und Mokicks.

Da Sohn Rolf Mierisch schon als 15jähriger kurz nach dem Krieg in der Werkstatt bei Reparaturen mithelfen musste und gerade in dieser Zeit auch viel Phantasie bei Fahrradreparaturen gefordert war, fand er manchmal zum Teil spektakuläre Lösungen. Die Nutzer kamen trotzdem mit ihren Rädern immer gut an ihren Zielen an. (mehr zu lesen in den Erinnerungen von Rolf Mierisch: Drei Generationen im Dienste des Kunden).

Heute wissen wir, dass hier die Grundlagen für das heutige Zweiradhaus Mierisch gelegt wurden. Doch war für Sohn Rolf eigentlich ein anderer Berufsweg vorgesehen.

Zunächst besuchte er nach seinem Volksschulabschluss 1948 bis 1950 die Wirtschaftsschule in Kamenz, um dann als kaufmännischer Angestellter oder technischer Zeichner in einem Betrieb arbeiten zu können. Das tat er dann auch als kaufmännischer Angestellter bei der ELG (Einkaufs- und Liefergenossenschaft) in Kamenz. Jedoch nicht lange. Es stellte sich schnell heraus, dass ihm die Büroarbeit überhaupt nicht zusagte. Das Handwerker- und Schlosserblut kam durch und er begann nun endlich seine Lehre als KfZ- Schlosser im elterlichen Betrieb. Zwei Jahre später folgte der Gesellenbrief, drei Jahre darauf legte er erfolgreich die Meisterprüfung ab. Nun war der Weg für eine eigene KfZ- Werkstatt frei.

Rolf Mierisch fand auch sein privates Glück und seine große Liebe, die er 1960 heiratete. Die junge Lehrerin Liane Welk hatte es ihm kurz nach ihrem Beginn als Neulehrerin in Elstra angetan. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder Uwe und Annett hing sie den Lehrerberuf an den Nagel und begann im Betrieb als Bürokauffrau zu arbeiten. Dass gemeinsame Arbeit und Verantwortung zusammenschweißt sieht man heute an den beiden inzwischen Neunzigjährigen, die immer noch in tiefer Zuneigung zueinander verbunden sind.

In den 60er Jahren war der Meisterbetrieb der KfZ-Innung in Elstra fast die einzige Vertragswerkstatt für die Instandsetzung für Kleinkrafträder im Kreis Kamenz. Es gab somit viel Arbeit und mit drei Gesellen und einem Lehrling musste die Arbeit bewältigt werden. Dabei war das Beschaffen von Ersatzteilen bei einer ausgeprägten Mangelwirtschaft jedes Mal ein Kunststück. Und was wurde bei Mierischs nicht alles repariert. Der legendäre Simson SR 2, der heute noch bei Jugendlichen beliebte Simson S51, Simson Sperber, Simson SR50 CE, Simson KR 51, die berühmte Schwalbe, Simson SR 4-2 Star, Krankenfahrstühle Krause Duo 4-1 und und und. Einfach alles, was irgendwie einen Simsonmotor hatte. Später folgten dann noch Mokicks und Mopeds der tschechischen Firma Jawa. Mehrfach wurde der Betrieb als „Vorbildlich arbeitender Reparaturbetrieb des Handwerks“ ausgezeichnet als Sieger im szialistischen Wettbewerb 1981, 1982, 1984, 1985 und 1987.

Zunächst bewerkstelligte Rolf die Ersatzteilbeschaffung mit dem alten 311er Wartburg seines Vaters. 1969 bestellte er dann beim IFA Vertrieb einen Wartburg 353 Tourist (Kombi). Aber lange Wartezeiten machten dem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung und er musste zwischenzeitlich auf einen russischen PKW Moskwitsch 408 zurückgreifen, der ihm von Anfang an Ärger bereitete. Schon auf der Abholungsfahrt von Großräschen nach Hause, gab es die erste Panne und so zog es sich hin. Wahrscheinlich gab es auch in der ruhmreichen Sowjetunion Montagsautos nach einem Wodka reichen Wochenende der Monteure? 1977 durfte Rolf Mierisch sich dann endlich seinen Wartburg abholen für insgesamt 20.526 DDR- Mark. Viel Geld war das und Kredite für Autokäufe gab es damals nicht.

Rolf war in allem, was er anpackte, sehr erfinderisch. So besorgte er sich z. B. für das Aufbocken der schweren Motorräder wie AWO 425 oder Simson Sport oder einer 350er Jawa zwei ausgemusterte Zahnarztstühle aus dem Landambulatorium Panschwitz und baute sie zu Hebebühnen um. Ja, so war auch der Rolf wie sein Vater: immer eine Lösung im Auge.

Fortsetzung folgt